Gegen kapitalistische Krise und imperialistischen Krieg: No War but the Class War!

Egal wer an der Macht ist, auch am 1. Mai 2025 wird die Welt vom Blut der ArbeiterInnenklasse getränkt sein. Vor nunmehr 50 Jahren fand der Nachkriegsboom sein Ende. Angesichts einer seit Jahrzehnten rückläufigen Profitrate in der sog. „Realwirtschaft“ spitzt sich die Lage zu. Das Mittel des Krieges wird für die Staaten zunehmend zur einzigen Option um der strukturellen Krise des Kapitalismus zu begegnen. Überall auf der Welt lodern Kriege – in der Ukraine, im Nahen Osten, in der Sahelzone, im Kongo und anderswo. Es zeichnet sich die Gefahr eines verallgemeinerten Weltkrieges ab. Die internationale ArbeiterInnenklasse hat in diesen vom kapitalistischen System verursachten Kriegen nichts zu gewinnen. Sie bringen noch mehr Klassenunterdrückung, Entbehrungen, Vertreibung, Tod und Genozid mit sich. Dies alles für ein System, das sein Verfallsdatum bereits weit überschritten hat. Für diese Krise gibt es keine reformistische Lösung. Der einzige Ausweg für die ArbeiterInnenklasse kann nur ein revolutionärer sein.

Welcher Frieden?

Trump versprach zwei der blutigsten Konflikte innerhalb des globalen Kapitalismus, den Krieg in er Ukraine und in Gaza, unmittelbar nach seinem Amtsantritt zu beenden. Schon jetzt ist klar, dass „Frieden“ für Trump (und den Rest der Kapitalistenklasse) mehr Blutvergießen bedeutet.

In Trumps Gesprächen mit Putin und der öffentlichen Demütigung Selenskyjs sehen wir den Versuch der USA, ihre Ressourcen auf ihren wichtigsten imperialistischen Rivalen China zu konzentrieren, um gleichzeitig mit Putin die Ukraine vollständig ausplündern zu können. Während Selenskyj unter Druck gesetzt wird, die Bodenschätze der Ukraine an US-Firmen abzutreten (und vergessen wir nicht, dass Präsident Biden auf dasselbe hinauswollte, als er Black Rock und JPMorgan Chase für den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg ins Spiel brachte), versucht Russland, sich die großen natürlichen und industriellen Ressourcen der Ostukraine anzueignen.

Es liegt auf der Hand, dass der Krieg in der Ukraine vorrangig zwischen der NATO und Russland ausgetragen wird. Ob das strategische Kalkül der USA aufgeht, Russland in einen Zermürbungskrieg „bis auf den letzten Ukrainer“ zu verwickeln, ist jedoch offen. Ferner bleibt abzuwarten, ob Trumps Plan, das Bündnis zwischen einem nun geschwächten Russland und China zu brechen, Erfolg haben kann. Dies versetzt die europäischen Kapitalisten offenkundig in Sorge. Ihre Koalition der „Koalition der Willigen“ hat der Ukraine weitere Waffen in Milliardenhöhe zugesagt. Die EU ist auf eine forcierte Aufrüstungsstrategie umgeschwenkt.

Auch der sog. „Frieden“ in Gaza war nie mehr als ein Deckmantel für ein Massaker. Während des Waffenstillstands vom 19. Januar bis zum 17. März wurden mindestens 170 PalästinenserInnen in Gaza getötet. Nachdem Israel das Bombardement wieder aufnahm, kamen allein in einer Woche über 700 ums Leben. Während Trump einen Waffenstillstand in Gaza anmahnte, schmiedete er Pläne, die gesamte palästinensische Bevölkerung in Gaza – von denen viele in Flüchtlingslagern an der Grenze zu Ägypten leben – zu vertreiben, um eine „Riviera des Nahen Ostens“ zu schaffen. Dazu müsste er Ägypten und Jordanien einen „Deal“ über das genaue Procedere einer ethnischen Säuberung der Region aufzwingen.

Der Weg zum Dritten Weltkrieg

Letztendlich haben die USA trotz schöner Worte kein Interesse an Frieden. Bei den seltsam anmutenden Manövern der Trump-Regierung gegenüber Russland und einer Aussöhnung mit dem Iran durch ein neues Atomabkommen geht es in Wirklichkeit darum, China zu isolieren. Der chinesische Staat ist der eigentliche Anführer eines Zweckbündnisses, welches aus Sicht der USA aufzubrechen ist. Seit fast zwei Jahrzehnten ist die US-Politik gegenüber China auf Krieg ausgelegt. Die derzeitige Vorgehensweise unter Trump unterscheidet sich nicht von der unter Biden und Obama: Protektionismus gegen die chinesische Wirtschaft, die Schwächung von Chinas Verbündeten und Vorbereitung der NATO-Länder auf einen Krieg. Die wirtschaftliche und militärische Macht Chinas wird von den USA als die größte Bedrohung für ihre Hegemonie angesehen. Die chinesische „Volksbefreiungsarmee“ ist die größte Militärmacht der Welt und Chinas Wirtschaft übertraf 2014 kaufkraftbereinigt die der USA und wird voraussichtlich im kommenden Jahrzehnt das Bruttoinlandsprodukt der USA übertreffen. Trotz seiner Stärke gibt es Anzeichen für ein langsameres Wachstum und China versucht daher seit Jahren, seine Märkte im harten Wettbewerb mit den USA zu erweitern. In ihrem Streben nach immer mehr Profit stehen sich beide Mächte unversöhnlich gegenüber. Ihre Differenzen sind unüberbrückbar.

Es ist nicht klar, ob die Annäherung der USA an Russland funktionieren wird. Sie kann sehr wohl scheitern und Europa noch verwundbarer machen, wenn die USA beginnen, ihre militärische Unterstützung für den Kontinent zurückzuziehen. In jedem Fall besteht die Zielsetzung darin, einen Keil zwischen Russland und China zu treiben und das ist leichter gesagt als getan. Russland ist wirtschaftlich von China abhängig. China ist der mächtigste öffentliche Geldgeber Russlands und hat Russland auch bei der Umgehung von Sanktionen unterstützt. Beide haben ein gemeinsames Interesse daran den Handel unabhängig vom Dollar zu fördern. Das Gleiche gilt für den Iran, der trotz seiner Macht im Nahen Osten durch internationale Sanktionen behindert wird. China unterstützt den Iran durch die Abnahme fossiler Brennstoffe zu Sonderkonditionen. Dies trägt wesentlich dazu bei, den iranischen Staat zusammenzuhalten. Gleichwohl schwächelt die iranische Wirtschaft und der politische Einfluss des Irans im Nahen Osten wurde durch die schweren Rückschläge die seine Proxies hinnehmen mussten unterminiert.

Die Kriegsvorbereitung des kapitalistischen Staates

Die zivile russische Wirtschaft ist durch den langen und blutigen Krieg in der Ukraine ausgehöhlt worden. Russland konnte die Jahre des Konflikts überstehen, indem es auf eine Kriegswirtschaft umstellte – eine Wirtschaft, in der die Rüstungsindustrie für die gesamte Wirtschaft von zentraler Bedeutung ist und in der die Selbstversorgung Vorrang hat, um jede Sanktion oder mögliche Blockade zu überstehen. In Zeiten eines Weltkonflikts wird der Welthandel stark beeinträchtigt und so weit wie möglich auf Eigenproduktion umgestellt. Länder wie Russland und China sind in dieser Hinsicht besser auf einen globalen Konflikt vorbereitet, während Europa und die Vereinigten Staaten vollständig vom internationalen Handel abhängig sind. Hinzu kommt, dass die Verteidigungsausgaben in Europa in den letzten zehn Jahren zwar gestiegen sind, aber von den amerikanischen Verbündeten als unzureichend empfunden werden. Die Sozialleistungen sind im letzten halben Jahrhundert zurückgegangen. Doch selbst diese Ausgaben zur Aufrechterhaltung der Sozialleistungen konnten nur durch immer höhere Defizitfinanzierung gestemmt werden.Trump macht keinen Hehl daraus, dass „die Europäer“ für ihre Verteidigung selbst aufkommen müssen. In den USA und Europa hat die Umstellung auf eine Kriegswirtschaft bereits in dem Versprechen Gestalt angenommen, massiv Geld für die Verteidigung auszugeben. Europa hat zusätzliche Verteidigungsausgaben in Höhe von 800 Milliarden Euro in Aussicht gestellt und nähert sich damit den fast 850 Milliarden Dollar, die im US-Haushalt für die Verteidigung vorgesehen sind. Natürlich sind auch Europa und die USA aufgrund der immensen Ausgaben, die zur Bewältigung der Covid-Pandemie erforderlich sind, ins Taumeln geraten. Viele Länder haben die 100 %-Marke bei der Verschuldung im Verhältnis zum BIP weit überschritten haben, was als Indikator für eine künftige Krise gilt. Es zeichnet sich ein Krieg ab, egal ob es dafür Haushaltspielräume gibt oder nicht. Daher ist es absehbar, dass weitere Sparmaßnahmen auf die ArbeiterInnenklasse abgewälzt werden. Diese wird nicht nur die Hauptlast der Kürzungen tragen, sondern im Falle eines Kriegs an die Front geschickt werden.

In den USA hat sich die Trump-Administration für extremen Protektionismus in Verbindung mit einer restriktiven Einwanderungspolitik mit geschlossenen Grenzen sowie tiefen Einschnitten bei den nicht-militärischen Ausgaben der Bundesregierung entschieden. Dieser Ansatz der „Festung Amerika“ bricht alle Regeln, die den Kapitalismus in den letzten fünfzig Jahren profitabel gemacht haben. Diese autarken Vereinigten Staaten wären jedoch in der Lage, die für einen Krieg mit China erforderliche Ausrüstung zu produzieren, ohne sich über eine Unterbrechung ihrer Lieferketten sorgen zu müssen. Selbst die nach außen hin bizarren Drohungen, Grönland und Kanada zu annektieren (umso zu versuchen die Kontrolle über die neu eröffneten arktischen Seewege zu sichern) und sich auch Panama unter den Nagel zu reißen, lassen sich als Versuche erklären, wichtige Ressourcen für die Rüstungsproduktion zu kontrollieren und die totale Kontrolle über den Handel in der westlichen Hemisphäre zu erlangen. Indem sie China und ihren Verbündeten in Europa und Kanada hohe Zölle auferlegen, können die USA ihre Abhängigkeit vom Überseehandel brechen und ihre Verbündeten dazu zwingen, dasselbe zu tun. Hinzu kommt, dass die Vereinigten Staaten Kürzungen bei Programmen wie Medicaid, der Sozialversicherung und der Entwicklungshilfe vorbereiten, einfach weil es kaum noch etwas anderes zu kürzen gibt, um Platz für die steigenden Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren zu schaffen. Auch hier wird es die ArbeiterInnenklasse sein, die den Preis zu zahlen hat.

Internationalismus angesichts des aufkommenden Nationalismus

Die jüngsten Konflikte in der Ukraine und im Gaza-Streifen, die zwischen Stellvertretern der USA und Chinas ausgetragen wurden, haben großes Leid verursacht. Doch selbst dies wird angesichts einer möglichen direkten Konfrontation verblassen, die man nur als Weltkrieg bezeichnen kann, sollte es dazu kommen. Sollte die Welt in einen Krieg dieses Ausmaßes hineingezogen werden, stellt sich die Frage: Auf welcher Seite stehen wir?

Der Nationalismus ist weltweit auf dem Vormarsch. Wir sind bereits dabei in die Barbarei abzugleiten. Der Tenor wird immer die gleiche sein: Wir müssen Opfer bringen, rationieren, Lohnkürzungen hinnehmen oder uns sogar zum Kriegsdienst verpflichten! Diejenigen, die den Wünschen der Kapitalisten nachkommen, werden als „Patrioten“ oder „Verteidiger der Demokratie“ gefeiert. Doch es gibt nichts Verlogeneres als den Nationalismus. Selbst der Nationalismus der Underdogs ist eine Irreführung, um die ArbeiterInnen ins Lager der Kapitalisten zu treiben. Jeder Kampf gegen den kapitalistischen Krieg muss anerkennen, dass die ArbeiterInnenklasse gegen das System des Imperialismus als Ganzes kämpfen muss. Jedes einzelne Land ist in dieses globale System eingebettet. Das Gegenmittel zum Nationalismus ist der Internationalismus. Es wird für die ArbeiterInnenklasse niemals Sinn machen, sich gegenseitig im Namen der Herrschenden umzubringen. Es werden niemals die Särge der Kapitalisten sein, die massenhaft in die kalten Gräber der Soldatenfriedhöfe gesenkt werden.

Um die obige Frage zu beantworten: Wir stehen auf der Seite der Arbeiterklasse in ihrem Krieg gegen die Kapitalisten. Die internationale ArbeiterInnenklasse muss dem Aufruf sich als Klasse gegenseitig abzuschlachten widerstehen und ihre Wut auf die Kapitalisten richten, die ihnen die Marschbefehle geben. An diesem 1. Mai sollten wir uns an jene ArbeiterInnen erinnern, die sich für den Klassenkampf entschieden haben und kollektiv ganze Imperien zu Fall brachten, statt, wie im Ersten Weltkrieg, einen weiteren Schuss auf ihre Kollegen abzugeben. Und wir sollten auf aktuelle Beispiele des Widerstands blicken, wie die PalästinenserInnen, die gegen die Hamas protestieren, die israelischen Soldaten, die sich weigern zu kämpfen, und die RussInnen und UkrainerInnen, die von den Kriegsfronten desertieren. Bei all ihren Begrenzungen sind dies wichtige Signale für die Zukunft.

Der Kampf beginnt mit jedem Streik, mit jedem Moment der Selbsttätigkeit der ArbeiterInnenklasse von neuem. Unsere Klasse ist ständig mit allgemeinen Angriffen der Kapitalistenklasse konfrontiert, sei es durch Prekarität oder Kugeln, Inflation oder Bombenangriffe. Was wir brauchen, ist ein verallgemeinerter Widerstand der gesamten ArbeiterInnenklasse, außerhalb der Grenzen der Gewerkschaften, damit sie als eine einzige, gefestigte Klasse kämpfen kann.

Damit dieser Kampf jedoch zu seinem erfolgreichen Ende geführt werden kann, dem revolutionären Sieg der Arbeiterklasse und dem Ende dieses Systems von Profit und Krieg, muss jeder Schritt mit den politischen Zielen unserer Klasse verbunden sein. Aus diesem Grund hat die IKT die Bildung von „No War But Class War“ -Komitees auf der ganzen Welt unterstützt, in denen sich InternationalistInnen verschiedener politischer Richtungen zusammengeschlossen haben, um die Politik der ArbeiterInnenklasse in den breiteren Kämpfen zu verteidigen, die sie so dringend braucht. Noch notwendiger ist ein echter politischer Bezugspunkt innerhalb der Arbeiterklasse, der in der Lage ist, tiefe Wurzeln in ihr zu schlagen und den kapitalistischen Alptraum auf revolutionärem Wege zu beenden. Mit der Bildung einer internationalen revolutionären Partei wird die Losung „Kein Krieg außer dem Klassenkrieg“ durch die revolutionäre Aktion der gesamten ArbeiterInnenklasse Wirklichkeit werden.

No War but the Class War!

Internationalistische Kommunistische Tendenz

Anti-Kriegs-Proteste in Gaza

Der brüchige Waffenstillstand im Gazastreifen wurde am 18. März mit der Wiederaufnahme der israelischen Luftangriffe unweigerlich beendet. An einem der bisher tödlichsten Tage des Konflikts kamen innerhalb weniger Stunden Hunderte von PalästinenserInnen ums Leben. Für Israels Vorgehen gab es drei Hauptgründe: militärische Erwägungen (die Hamas begann sich neu zu formieren), die innenpolitische Lage (Netanjahus Koalitionsregierung versucht, angesichts der wachsenden Opposition an der Macht zu bleiben) und umfassendere regionale imperialistische Interessen (der Krieg in Gaza ist ein Schlüssel zu Israels Versuch, den Nahen Osten neu zu gestalten). Die Trump-Administration – mit ihren Drohungen in den letzten Wochen, die PalästinenserInnen massenhaft aus dem Gazastreifen zu vertreiben, um eine „Riviera des Nahen Ostens“ zu schaffen, goss zusätzlich Öl ins Feuer und gab Netanjahu somit grünes Licht. Wieder einmal sind es die PalästineserInnen die den höchsten Preis zahlen müssen. Ganze Familien werden samt ihrer kärglichen Lebensgrundlage ausgelöscht und zu bloßen Zahlen degradiert. Doch trotz Krieg und Besatzung sind die „PalästinenserInnen“ nicht einfach ein homogener Block, sondern auch eine Gesellschaft in der sich widerstreitende soziale, politische und wirtschaftliche Interessen gegenüberstehen. Die jüngsten Ereignisse haben diese Tatsache eindrucksvoll verdeutlicht

Am 25. März gingen Hunderte von Menschen in Beit Lahia auf die Straße, um gegen die brutale Realität ihres Alltags zu protestieren. Sie schwenkten weiße Stofffetzen, trugen selbstgebastelte Plakate und skandierten Parolen. Die Proteste weiteten sich auf andere Städte aus, und die Slogans, die durch die Trümmer hallten, sprechen für sich selbst: „Wir wollen Frieden“, „Stoppt den Krieg“ und „Hamas raus“. Der einfachste, aber direkteste Slogan war ein Rückgriff auf die sozialen Proteste in Gaza, die von der Hamas im Jahr 2019 niedergeschlagen wurden: „Wir wollen leben(1)

Wie immer, wenn man mit scheinbar spontanen und führerlosen Bewegungen konfrontiert wird, versuchen verschiedene Fraktionen der herrschenden Klasse sich sofort einzumischen, um zu manipulieren und das Ganze in ihrem eigenen Interesse auszuschlachten. Dies spiegelt sich gerade in den Medien wider: Im Nahen Osten wird die Anti-Hamas-Stimmung der Proteste in den Nachrichten heruntergespielt, während im Westen die Stoßrichtung gegen die Hamas die Schlagzeilen bestimmen. Dennoch ist es einigen Teilnehmenden der Proteste gelungen, ihr Anliegen deutlich zu machen:

Wir weigern uns, für irgendjemanden zu sterben, für die Agenda einer Partei oder die Interessen ausländischer Staaten … Die Hamas muss zurücktreten und auf die Stimme der Trauernden hören, auf die Stimme, die aus den Trümmern aufsteigt – sie ist die wahrhaftigste Stimme.(2)

Unsere Kinder sind getötet worden. Unsere Häuser sind zerstört worden … [Wir sind] gegen den Krieg, gegen die Hamas und die (palästinensischen politischen) Fraktionen, gegen Israel und gegen das Schweigen der Welt.(3)

Wir werden von der Besatzungsarmee (Israel) unterdrückt und wir werden von der Hamas unterdrückt.(4)

Mit anderen Worten: Diese Proteste sind ein mutiger und verzweifelter Aufschrei gegen den Krieg und gegen alle Konfliktparteien. In ihnen können wir die wahre Stimme der besitzlosen Massen hören, die zu erkennen beginnen, dass keine Fraktion der herrschenden Klasse ihnen Rettung bieten kann. ArbeiterInnen auf der ganzen Welt müssen diesen Aufschrei hören.

Imperialistische Kriege sind das unmittelbare Produkt eines Weltsystems, dem es letztlich um Profit und nicht um Menschenleben geht. Die einzige Kraft, die in der Lage ist, nicht nur den Drang zum Krieg zu stoppen, sondern auch eine neue Gesellschaft ohne Krieg zu schaffen, ist die Massenbewegung der internationalen ArbeiterInnenklasse, auf deren Ausbeutung der Kapitalismus basiert. Nur eine solche Bewegung könnte eine wirkliche Antwort auf den Aufschrei aus Gaza geben.

Nach den Wahlen: Aufrüstung und Sozialabbau – Whatever it takes!

Bürgerliche Wahlen spiegeln nicht die ganze gesellschaftliche Realität wider. Doch sie geben einen ungefähren Einblick in die politischen Kräfteverhältnisse. Nach dieser Prämisse markieren die Ergebnisse der jüngsten Bundestagswahlen einen weiteren Rechtsruck in der Gesellschaft. Gleichzeitig stehen alle Zeichen auf forcierte Aufrüstung und massiven Sozialabbau. Wie sind die Wahlergebnisse einzuordnen und vor welchen Aufgaben und Herausforderungen stehen MarxistInnen?

Die AfD weiter auf dem Vormarsch

Mit 20,8 Prozent konnte die AfD ihr Ergebnis im Vergleich zur letzten Bundestagswahl (10,3 Prozent) verdoppeln und 10 Millionen Stimmen für sich gewinnen. In den ostdeutschen Bundesländern wurde sie mit Abstand zur stärksten Partei (32 Prozent in Brandenburg, 35 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern, 37 Prozent in Sachsen und 38,5 Prozent in Thüringen). Doch sie ist längst kein rein ostdeutsches Phänomen mehr. Auch im Westen konnte sie Ergebnisse von 15 und 20 Prozent einfahren und in Gelsenkirchen und Kaiserslautern Direktmandate gewinnen. Besonders alarmierend ist, dass die einstige Professorenpartei vor allem unter Menschen in wirtschaftlich schlechter Situation (39 Prozent) und unter ArbeiterInnen (38 Prozent) sowie unter Arbeitslosen (34 Prozent) überdurchschnittlich abschnitt. Wie auch bei den vergangenen Landtagswahlen gelang es der AfD besonders unter der Gruppe der NichtwählerInnen zu punkten und 1,8 Millionen Stimmen zu gewinnen. Bei der Gruppe der JungwählerInnen unter 25 Jahren liegt die AfD mit 21 Prozent auf dem zweiten Platz (knapp hinter der „Linken“), wobei überwiegend männliche Wähler für die AfD votierten. Insgesamt konnte die AfD ihr Ergebnis also ausbauen und weiter konsolidieren.

Die viel bemühte der These der verwirrten Protestwähler hat damit endgültig ausgedient. Die AfD wurde nicht trotz, sondern wegen ihres rassistischen Programms gewählt, was angesichts der rassistischen Stimmungsmache der letzten Monate, die maßgeblich von der sog. „demokratischen Mitte“ („Abschiebungen im großen Stil“) und den bürgerlichen Leitmedien geschürt und getragen wurde, auch erwartbar war. Die AfD fährt diese Ernte nun ein und wird mit 152 Abgeordneten als Oppositionsführerin in den Bundestag einziehen. Darunter viele einschlägig bekannte und gut vernetzte Kader der extremen Rechten, die emsig daran arbeiten werden, ihre Strukturen mit Staatsgeldern auszubauen. Der Prozess der „Normalisierung“ der AfD wird weitergehen. Durch das Wahlergebnis gestärkt, wird sie weiter darauf setzen, Talkshow-Formate und Nachrichtensendungen in ihrem Sinne zu nutzen und die sozialen Medien mit ihren Propagandaerzählungen und Fake News zu fluten. Nach wie vor zielt das Kalkül der AfD darauf ab, Schritt für Schritt die Tonlage zu verschärfen und ihre autoritären und rassistischen Positionen in der „Mitte der Gesellschaft“ zu platzieren und diskursiv zu verankern. „Wir werden sie weiter jagen“ gab die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel diesbezüglich als Leitlinie aus.

GroKo mangels Alternativen

Mit 28,52 Prozent hat die CDU die Wahl zwar gewonnen, doch sie blieb unter ihren Erwartungen und dem ausgegebenen Wahlziel von 30 Prozent plus X. Faktisch fuhr Friedrich Merz das zweitschlechteste Ergebnis der CDU seit Bestehen der Bundesrepublik ein. Vordergründig betrachtet hat Merz das Paktieren mit der AfD nicht geschadet. Allerdings hat es ihm auch nicht genutzt. Profitiert hat vor allem die AfD, deren Position aufgewertet wurde und der CDU eine Million WählerInnen abjagen konnte. Vor nicht allzu langer Zeit verkündete der Prahlhans Friedrich Merz die AfD halbieren zu können. Nun steht die AfD mit einem doppelt zu starken Ergebnis da! In strategischer Hinsicht ist der Erfolg der CDU also eher ein Pyrrhussieg. Der Wunschkoalitionspartner FDP scheiterte deutlich an der Fünfprozenthürde. Die von Christian Lindner verfolgte Strategie die FDP nach der Maxime „Mehr Milei und Musk wagen“ betont rechts und neoliberal aufzustellen ist krachend gescheitert. Auf eine Leihstimmenkampage des konservativ-liberalen Lagers konnte die FDP angesichts der zugespitzten Debatte über den „Fall der Brandmauer“ ohnehin nicht rechnen. Letztendlich erwies sich das FDP-WählerInnenklientel aus Besserverdienenden und selbsternannten „Bildungsbürgern“ als zahlenmäßig zu schwach, um den Einzug in den Bundestag zu schaffen.

Dieses Problem haben die Grünen nicht. Zwar mussten auch sie herbe Verluste verzeichnen, diese hielten sich jedoch angesichts ihres mittelständischen, nicht unmittelbar von Preissteigerungen und Sozialabbau betroffenen WählerInnenpotentials mit 11,61 Prozent in Grenzen. Demgegenüber erlitt die SPD mit 16,4 Prozent eine historische Niederlage. Das ist ihr schlechtestes Ergebnis seit 1945. Sie verlor insbesondere WählerInnen an CDU (1.7 Millionen Stimmen) und AfD (720 000 Stimmen), aber auch an BSW (440 000 Stimmen) und „Linke“ (560 000 Stimmen). Bemerkenswert ist, dass sie gerade unter ihrem einstigen Kernklientel wie ArbeiterInnen (12 Prozent), Angestellten (15 Prozent) und Arbeitslosen (13 Prozent) besonders schlecht abschnitt. Lediglich unter der Gruppe der RentnerInnen konnte sie sich mit 24 Prozent mehr schlecht als recht halten. Damit erhielt besonders die SPD die Quittung für die Politik der Ampel-Koalition für die vor allem der Name Olaf Scholz steht. Doch auch ohne einen Olaf Scholz ist nicht von einem politischen Kurzwechsel der SPD auszugehen. Getreu ihres nationalistischen Leitmotivs „Erst das Land, dann die Partei“ wird sie aller Voraussicht eine Koalition mit der CDU bilden. Die neue GroKo wird das Produkt der zunehmenden Zersetzung der sog. „demokratischen Mitte“ sein, nur über eine knappe parlamentarische Mehrheit verfügen und höchstwahrscheinlich in sich instabil sein. Sie ist alles andere als die beste Option für die deutsche Bourgeoisie, allerdings die einzige die sie momentan hat.

Das BSW – verkalkuliert und vorerst gescheitert

Das von den Medien gepushte BSW hat um wenige Stimmen den Einzug in den Bundestag verpasst. Es war und ist ausschließlich auf die Person Sarah Wagenknecht zugeschnitten, die „ihre Perspektiven“ vom Einzug in den Bundestag abhängig gemacht hatte. Damit stellt sich dem BSW nun die Existenzfrage. Das Scheitern des BSW ist die Folge einer Reihe strategischer Fehlkalkulationen, die sich mitunter auch aus der schrägen Gedankenkonstruktion eines „linken Konservativismus“ ergeben. Mit dem betont „wirtschaftsfreundlichen Kurs“ und „Ludwig-Erhard-Nostalgie“ war das BSW kaum von CDU und SPD unterscheidbar. Mit der Regierungsbeteiligung in Brandenburg und Thüringen hat es den Nimbus einer „Protestpartei“ eingebüßt. Durch seine dezidiert rassistische Haltung in der „Migrationspolitik“ konnte sich das BSW kaum von der AfD absetzen. Der Schulterschluss mit AfD, CDU und FDP bei der Abstimmung zum „Zustrombegrenzungsgesetz“ führte bei Teilen des BSW zu Irritationen und auch Austritten. Auch die betont nationalistisch grundierte Friedensrhetorik des BSW ist in Zeiten von Trump und einer erstarkten AfD kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Die Zukunft des BSW ist also ungewiss.

Der Erfolg der Linken …

Mit 8,7 Prozent gelang der Linkspartei der Wiedereinzug in den Bundestag. Insgesamt errang die „Linke“ sechs Direktmandate, mit dem Bezirk Berlin-Neukölln auch zum ersten Mal im Westen. Das ist das zweitbeste Ergebnis in ihrer Parteigeschichte. Die Erwartungen die die Linke in ihre „Mission Silberlocke“ setzte und lange Zeit als letztes Aufbäumen verspottet wurde, haben sich damit mehr als erfüllt. Ein solches Ergebnis war im Herbst letzten Jahres noch schwer vorstellbar. Bemerkenswert ist der Anteil der JungwählerInnen die der „Linken“ ihre Stimme gaben. In der Gruppe der 18-24-Jährigen wurde die „Linke“ mit 24 Prozent stärkste Kraft, wobei besonders junge Frauen (37 Prozent) die „Linke“ wählten. Bei ArbeiterInnen konnte sie mit 8 Prozent (plus 3), bei Angestellten mit 9 Prozent (plus 4) und Arbeitslosen mit 13 Prozent (plus 2) leicht zulegen. Das Ergebnis der „Linken“ speist sich jedoch vor allem aus WechselwählerInnen von der SPD (560 000 Stimmen) und Grünen (700 000 Stimmen) und ist damit sehr volatil. Festzuhalten bleibt, dass die „Linke“ 100 000 WählerInnen an die AfD und 350 000 an das BSW verlor.

Vorerst lässt sich folgende Bilanz ziehen: Es ist der „Linken“ gelungen sich gerade in Zeiten des Rechtsrucks im sog. „progressiven WählerInnenspektrum“ als einzig „wählbare Alternative“ anzubieten. Dies ist weniger auf ihrer Programmatik (die sich letztlich auf einen altbackenen Reformismus reduziert), sondern vor allem der Rechtsentwicklung von SPD und Grünen geschuldet, die gerade auf JungwählerInnen abstoßend wirkte. Die Lücke die SPD und vor allem die Grünen (die 2021 noch eine der stärksten Partei unter JungwählerInnen waren) konnte die „Linke“ erfolgreich für sich besetzen. Ironischerweise bot gerade der von Friedrich Merz in Gang gesetzte „Fall der Brandmauer“ der „Linken“ eine willkommene Steilvorlage, um sich als „antifaschistische Verteidigerin der Demokratie“ in Szene zu setzen, ohne wohlgemerkt den rassistischen Gehalt der Migrationsgesetze grundsätzlich zu kritisieren. In klassischer Volksfrontmanier fokussierte sie dabei auf die „Einheit aller aufrechten DemokratInnen“ gegen den „Pakt von rechten Konservativen und Faschisten“. Dies spiegelte auch die Stoßrichtung der jüngsten „Wir sind die Brandmauer“-Demos wider, zeigte aber auch gleichzeitig deren entscheidende Begrenzung auf.

Gleichwohl ist es der „Linken“ gelungen mit einem gut orchestrierten Onlinewahlkampf der AfD in den sozialen Medien Paroli zu bieten (auch wenn deren Hegemonie bei weiten nicht gebrochen wurde), sich als wahrnehmbare Kraft zu präsentieren und besonders Jugendliche anzusprechen. Seit dem Abgang von Sarah Wagenknecht verzeichnete die „Linke“ einen stetigen Zuwachs von mittlerweile 30 000 neue Mitgliedern. Doch ob sie die vielgedroschene Phrase der „sozialistischen Mitmachpartei“ wirklich mit Leben füllen kann, ist fraglich. Zwar konnte die „Linke“ tausende AktivistInnen für ihren Haustürwahlkampf einspannen, die Perspektive langfristig als Fußtruppen für Wahlkampagnen und parlamentarische Winkelzüge eingespannt zu werden, dürfte aber für die wenigsten von ihnen erquicklich sein.

… ist kein Grund für Illusionen

Bei allem Hype der derzeit um die „Linke“ gemacht wird, bleibt das Ergebnis nur eine Momentaufnahme. Die „Linke“ stützt sich vorrangig auf ein sozialreformistisches Programm, welches unmittelbare oder zumindest baldige Besserung verspricht (wie bspw. die Forderungen eines bundesweiten Mietendeckels). Dies spiegelte den derzeitigen Bewusstseinstand, vor allem aber weit verbreitetet Hoffnungen und Illusionen wider. Doch die Zeiten werden härter und die Verteilungsspielräume immer enger werden. Der Wahlkampfslogan der Linken „Alle wollen regieren, wir wollen verändern“ kommt nur vordergründig radikal daher. Er ist keineswegs ein Indikator für einen künftigen Oppositionskurs, sondern impliziert, wie auch von führenden SpitzenpolitkerInnen der „Linken“ immer wieder hervorgehoben wird, dass „Veränderungen unter bestimmten Bedingungen in der Regierungsverantwortung“ möglich seien. Was von solchen Veränderungen zu halten ist, sollte jedoch die rigide Abschiebepolitik und der Sozialabbau für den die „Linke“ in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und anderswo verantwortlich zeichnete, zur Genüge gezeigt haben. Dies waren keine Ausrutscher oder einzelnen Fehlentscheidungen, sondern die logische Folge einer parlamentsfixierten Politik, die sich der Ausgestaltung kapitalistischer Sachzwänge verpflichtet sieht. Bei vielen Menschen die sich derzeit in und um die „Linke“ engagieren, mag es sich um subjektive ehrliche SozialistInnen handeln. Doch gerade diese Menschen wollen und müssen wir eindringlich vor Illusionen in das Projekt „Die Linke“ warnen – gerade in Hinblick auf die großen Herausforderungen die vor uns liegen.

Die Linke gegen Trump, aber für EU und „Landesverteidigung“

Der Spitzenkandidat der Linken, Jan van Aken, hat mehrfach durchblicken lassen, hinsichtlich der Entsendungen von Truppen in die Ukraine „gesprächsbereit“ zu sein. „Gesprächsbereit“ zeigt sich die Linke auch bei der Frage eines neuen Sondervermögens für die Bundeswehr, wenn man sie denn auch „vernünftig“ in die Gespräche einbinde. „Ohne die Linke gibt es im neuen Bundestag keine Zweidrittel-Mehrheit jenseits der Faschisten. Damit werden wir sehr verantwortlich umgehen“, gab der Parteivorstand der „Linken“ diesbezüglich zu Protokoll.(1)

Der altgediente Regierungssozialist Bodo Ramelow bringt die staatsmännische Verantwortung der „Linken“ etwas direkter auf den Punkt:

Es geht um das Gewaltmonopol unseres Staates. Ich lasse mir von Ihnen keinen Pazifismus unterschieben, ich stehe auf der Seite der Bundeswehr. Die hat in Thüringen hervorragende Arbeit geleistet, als die Geflüchteten gekommen sind, auch bei jedem Hochwasser. Wie wir mit dieser Bundeswehr als Gesellschaft umgehen, halte ich für eine Katastrophe. Die Bundeswehr ist aber keine Institution, die per se Krieg will. Die Bundeswehr soll notfalls unser Land verteidigen.(2)

Bei aller Friedensrhetorik lässt die „Linke“ also keinen Zweifel am Prinzip der Landesverteidigung. Sie ist lediglich dafür „die Militärausgaben ausschließlich auf reine Verteidigungsaufgaben zu begrenzen, die EU muss Friedensmacht werden.“(3) Der Begriff „Verteidigungsaufgaben“ ist bekanntlich sehr weit dehnbar – gerade in Sachen Kriegsführung. Das Prädikat „Friedensmacht“ zu sein, beansprucht mittlerweile so gut wie jeder imperialistische Akteur auf Weltebene. Das hat nicht zuletzt Donald Trump kürzlich im Weißen Haus eindrucksvoll deutlich gemacht. Folgerichtig fühlt sich nun die altgediente „Silberlocke“ Gregor Gysi berufen von der EU ein härteres Auftreten gegenüber Donald Trump einzufordern. Die EU müsse als Einheit auftreten, um vierter Machtblock neben den USA, China und Russland zu sein. Den Wertekanon zur ideologischen Unterfütterung derartiger imperialistischer Ambitionen liefert er auf der Onlineplattform X (vormals Twitter) gleich mit:

Wir müssen uns – von der CSU bis zur Linken, aber auch mit Gewerkschaften, Kirchen, Unternehmerverbänden, Künstlern und Wissenschaftlern – darauf verständigen, dass wir unsere Grundfesten von Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit gemeinsam verteidigen. Bei Steuern und vielen anderen Themen können wir uns streiten, aber an diesen drei Fundamenten darf nicht gerüttelt werden. Und wir müssen endlich begreifen, dass Europa als Ganzes handlungsfähig sein muss. Die Nationalstaaten allein haben gegen die Weltmächte keine Chance.(4)

Konsequente Opposition gegen Aufrüstung und imperialistischen Krieg ist von der „Linken“ also schwerlich zu erwarten – doch gerade darauf wird es in nächster Zeit ankommen.

No War but the Class War!

Noch vor wenigen Tagen galt die Einhaltung der Schuldenbremse für Friedrich Merz und die CDU als unumstößliches Dogma. Nun soll noch mit der Mehrheit des alten Bundestages das Grundgesetz geändert werden, um den Weg für weitere Sondervermögen und gigantische Aufrüstungsprogramme freizumachen – „whatever it takes“ (Friedrich Merz). Tagtäglich werden wir mit immer neueren Forderungen und Vorschlägen nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht, der Einführung eines Pflichtjahrs und der Stärkung „unserer“ militärischen Kapazitäten, die mitunter auch „nukleare Optionen“ beinhalten sollen überschüttet, ohne die „unsere Sicherheit“ angeblich nicht mehr gewährleistet werden könne. Die Herrschenden versuchen ihre hektische Betriebsamkeit mit den neuen geopolitischen Herausforderungen zu begründen, die durch den „Eklat im Weißen Haus“ entstanden sei. Doch die Wurzeln für diese forcierte Aufrüstung liegen tiefer. Der Ukrainekrieg hat den deutschen Imperialismus ökonomisch und strategisch zurückgeworfen. Gleichzeitig haben die USA schon unter der Biden-Administration deutlich gemacht „ihr Engagement“ in Europa zurückzufahren, um sich auf den Hauptkonkurrenten China konzentrieren zu können. Trump verschärft in dieser Hinsicht den Ton, den Druck und vor allem das Tempo. Angesichts eines möglichen Deals zwischen Trump und Putin könnte Deutschland als einer der wichtigsten Waffenlieferanten der Ukraine vollständig ins Hintertreffen geraten und zudem der erhofften Beute verlustig gehen.

Angesichts dieser neuen Weltlage bleibt den Herrschenden keine andere Wahl als die Aufrüstung massiv voranzutreiben, um ihren Interessen auch mit den gebotenen militärischen Mitteln Geltung zu verschaffen. Selbstverständlich wird all dies im Namen von „Demokratie“, „Freiheit“ und „Rechtsstaatlichkeit“ geschehen, wie uns ein Dr. Gregor Gysi versichert. Doch das Leid und die Zerstörungen, die ein neuer Krieg hervorrufen wird, werden gewaltig sein. Und es ist keine Frage wer den Preis für Aufrüstung und Krieg zahlen wird. Kürzungen des Bürgergeldes und massive Angriffe auf Sozialleitungen sind bereits in Vorbereitung. Es werden die Lohnabhängen sein, die schon jetzt unter sinkenden Löhnen, steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten zu leiden haben, die für die „Kriegstüchtigkeit Deutschlands“ den Gürtel enger schnallen und im „Ernstfall“ im Sinne der „Landesverteidigung“ krepieren müssen. Für Interessen, die nicht die ihren sind!

Es ist an der Zeit aufzuwachen, den Ernst der Lage zu erkennen und sich Militarismus und Krieg entgegenzustellen. Machen wir uns keine Illusionen – Kapitalismus heißt Krieg und es ist der Kapitalismus der gestoppt werden muss. Wir erneuern daher unseren Vorschlag, zusammenzukommen und unter der Losung „No War but the Class War“ aktiv zu werden. Wir laden dazu Einzelpersonen und Gruppen ein, die jeden Nationalismus ablehnen und anerkennen, dass der einzige Krieg, der es wert ist geführt zu werden, der Klassenkrieg zur Beendigung des Kapitalismus und seiner blutigen imperialistischen Konflikte ist. Dies wird es den schwachen revolutionären Minderheiten von heute ermöglichen, ihre Kräfte zu bündeln und die Botschaft, dass wir zurückschlagen müssen, in breitere Teile der ArbeiterInnenklasse hineinzutragen. Als politische Grundlage für eine solche Initiative schlagen wir die Verständigung auf die folgenden Punkte vor:

– Gegen Kapitalismus, Imperialismus und jeden Nationalismus! Keine Unterstützung für irgendwelche nationalen Bourgeoisien, „kleinere Übel“ oder sich formierende Staaten!

– Für eine Gesellschaft, in der Staaten, Lohnarbeit, Privateigentum, Geld und Profitproduktion durch eine Welt der sich frei assoziierenden ProduzentInnen ersetzt werden!

– Gegen die wirtschaftlichen und politischen Angriffe, die der gegenwärtige und die kommenden Kriege auf die ArbeiterInnenklasse ausführen werden!

– Für den selbstorganisierten Kampf der ArbeiterInnenklasse, für die Bildung von unabhängigen Streikkomitees, Massenversammlungen und ArbeiterInnenräten!

– Gegen Unterdrückung und Ausbeutung, für die Einheit der ArbeiterInnenklasse und den Zusammenschluss von wirklichen InternationalistInnen!

Wir fordern all jene, die sich mit dieser Perspektive identifizieren können auf mit uns in Kontakt und Diskussion zu treten.

-Gruppe Internationalistischer KommunistInnen

Wahlk(r)ampf 2025: Ein Kompetenzstreit in Sachen Rassismus und Inhumanität

Ein „Winterwahlkampf“ im Zeichen Donald Trumps, der immer mehr von einem toxischen Diskurs über Migration überschattet wird, die mittlerweile zur Ursache aller sozialen Verwerfungen erklärt wird. Der Jargon der bürgerlichen Demokratie nimmt immer nationalistischere Züge an, wie es sich an den Laternenpfählen besichtigen lässt: „Für ein Land auf das wir wieder stolz sein können“(CDU) oder „Mehr für dich. Besser für Deutschland“(SPD) lauten die Parolen. Die FDP schlussfolgert, dass auch „guter Wille“ der Migration „Grenzen setzen“ müsse. Die AfD bringt diese Logik direkter auf den Punkt: „Konsequent abschieben!“ „Wahlk(r)ampf 2025: Ein Kompetenzstreit in Sachen Rassismus und Inhumanität“ weiterlesen

Gegen rote Nelken und linke Nekrophilie! Für den Kommunismus!

Ein (leider) zeitloser Text zum alljährlichen Luxemburg-Liebknecht-Schaulauf

Mit der Lehre von Marx geschieht jetzt dasselbe, was in der Geschichte wiederholt mit den Lehren revolutionärer Denker und Führer der unterdrückten Klassen in ihrem Befreiungskampf geschah. Die großen Revolutionäre wurden zu Lebzeiten von den unterdrückenden Klassen ständig verfolgt, die ihrer Lehre mit wildesten Ingrimm und wütendstem Hass begegneten, mit zügellosen Lügen und Verleumdungen gegen sie zu Felde zogen. Nach ihrem Tod versucht man, sie in harmlose Götzen zu verwandeln, sie sozusagen heiligzusprechen, man gesteht ihrem Namen einen gewissen Ruhm zu zur Tröstung und Betörung der unterdrückten Klassen, wobei man ihre revolutionäre Lehre des Inhalts beraubt, ihr die revolutionäre Spitze abbricht, sie vulgarisiert.“ (W.I. Lenin)

Lenin war bekanntlich nicht mit vielen Haaren, dafür aber zuweilen mit Weitsicht beschlagen. Als er die eingangs zitierten Zeilen in seiner mit Abstand besten Schrift „Staat und Revolution“ zu Papier brachte, wäre er jedoch nie im Traum darauf gekommen, dass Götzenkult und die Entsorgung revolutionärer Theorie zur jährlichen „linken“ Pflichtübung werden könnten. Same procedure as every year – zu früher Stunde und bei zuweilen arktischen Temperaturen versammelt sich die Restlinke unter dem Arbeitstitel „LL-Demo“ zum Schaulauf der Anachronismen. Wer den Mut hat hinzugehen, bekommt eine Menge geboten. Während die Sado-Maoisten der MLPD unverdrossen mit „Arbeitsplätzen für Millionen“ drohen, überbieten sich allerlei verkrachte Trotzkisten in missionarischem Eifer, um etwaige Interessierte in die Mysterien der Übergangsforderungen einzuweihen. Drolliger wirken da schon eher die Old-School-Stalinisten der DKP, die wie gewohnt bräsig, für Milch, Kubas Kinder und die Verheißungen des karibischen Staatskapitalismus Werbung machen. Für die, dem Anlass gebotene schlechte Musik, sorgen für gewöhnlich die Initiatoren eines sog. „Antifa-Blocks“, die darüber hinaus auch so manche Binsenweisheit auf Lager haben: „Der Kurzschluss zwischen „objektiver“ sozialer Lage und der „subjektiven“ Konstituierung zum politisch bewusst handelnden Akteur gehört zum Typus jener Konzepte, die an der Realität gründlich gescheitert sind.“  „Gegen rote Nelken und linke Nekrophilie! Für den Kommunismus!“ weiterlesen

„Zeit für was Neues“ – oder doch nur für ein linksbürgerliches Projekt?

Kommentar zum Rück- und Austritt des Bundesvorstands der Grünen Jugend

Unmittelbar nach dem Rücktritt der Vorsitzenden der Grünen Partei, Ricarda Lang und Omid Nouripour, meldete sich der Vorstand der Grüne Jugend zu Wort. In einem zunächst internen Brief an die Partei- und Fraktionsführung erklärten sie den alsbaldigen Rücktritt von ihren Ämtern und den Austritt aus der Partei:

Wie Ihr vielleicht schon gehört habt, haben wir – der gesamte Bundesvorstand der Grünen Jugend – uns dazu entschieden, nicht erneut zu kandidieren und morgen aus der Partei auszutreten. (…) Wir haben die Entscheidung, die Partei zu verlassen, in den letzten Wochen, also bereits vor der Bekanntgabe des Rücktritts des Parteivorstands, getroffen“. Weiter heißt es: „Wir hielten es allerdings nicht für verantwortlich, unsere Entscheidung während der Landtagswahlkämpfe zu verkünden, da wir Sorge hatten, dass es die ohnehin schon schwierigen Wahlkämpfe überschattet hätte.“

Nach eigenem Bekunden fühlten sie sich bei zentralen Fragen übergangen:

Sei es bei der Debatte um das 100-Mrd-Euro Sondervermögen für die Bundeswehr, bei der Auseinandersetzung rund um Lützerath, bei den Asylrechtsverschärfungen oder den Haushalten. In allen Fällen haben wir parteiintern versucht, Entwicklungen aufzuhalten, die wir für falsch gehalten haben – und konnten uns damit nicht durchsetzen.“

Mit der massiven militaristischen Hetze der Grünen im Zuge des Ukrainekrieges scheinen sie hingegen weniger Probleme zu haben. However! Jedenfalls kommen sie zu der Schlussfolgerung,

dass unsere inhaltlichen aber auch strategischen Vorstellungen von Politik immer weiter auseinander gehen – und glauben, dass es mittelfristig keine Mehrheiten in der Partei für eine klassenorientierte Politik gibt, die soziale Fragen in den Mittelpunkt rückt und Perspektiven für ein grundsätzlich anderes Wirtschaftssystem aufzeigt.“

Besser spät als nie könnte man meinen! Den Vorwurf Illusionen aufgesessen zu sein und diese zum Inhalt ihrer Politik gemacht zu haben kann man den Mitgliedern des ehemaligen Bundesvorstandes der Grünen Jugend nicht ersparen. Ob damit ein Abrücken von einer parlamentsfixierten reformistischen Politik verbunden ist, bleibt äußerst fraglich. Substantielle politische Brüche sind kaum erwartbar. „„Zeit für was Neues“ – oder doch nur für ein linksbürgerliches Projekt?“ weiterlesen

Die Wahlerfolge der AfD in Ostdeutschland: Ausdruck und Ausgangspunkt einer autoritären Formierung

Es ist ein historischer Sieg“, krakeelte Björn Höcke unmittelbar nach dem Bekanntwerden der ersten Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen. Ganz falsch lag er damit nicht. In Thüringen steigerte die AfD ihr Ergebnis um 9,4% und wurde mit 32,8% stärkste Kraft. In Sachsen legte sie um 3% zu und belegte mit 30,6 knapp den zweiten Platz hinter der CDU. Diese Ergebnisse liegen in etwa auf gleichem Niveau mit denen der Nazis bei den letzten Reichstagswahlen von 1932, was dem ehemaligen Geschichtslehrer Höcke sicher sehr bewusst ist, den man gerichtsoffiziell sogar als Faschisten bezeichnen darf. „Die Wahlerfolge der AfD in Ostdeutschland: Ausdruck und Ausgangspunkt einer autoritären Formierung“ weiterlesen